Selbstvertrauen und Vertrauen...
...sind unabdingbar, wenn man die "Jahrestage" von Uwe Johnson verstehen und genießen möchte. Kommen wir zunächst zum Verständnis. Das vierbändige Hauptwerk von Uwe Johnson umfasst rund zweitausend Seiten und erschien zwischen 1970 - 1983; der Kommentar dazu geht über 1133 Seiten, hinzu kommt noch ein "Kleines Adreßbuch für Jerichow und New York" über 303 Seiten. Kann man das alles verstehen und wie soll da so etwas wie Genuss aufkommen? Die Sprache von Uwe Johnson gilt doch für viele als sperrig, sie tun sich schwer mit ihr und dem Autor selbst. Klar, eine eigenwillige und unnachahmliche Syntax, viele Einblendungen auf Niederdeutsch, Englisch, Dänisch, Russisch und Tschechisch tun ihr Übriges. Und doch, oder gerade deshalb: Die "Jahrestage", die 366 Tageseinträge vom 21. August 1967 bis zum 20. August 1968 beinhalten, sind das Jahrhundertwerk der deutschen Literatur des 20. Jahrhunderts. Sie garantieren uneingeschränkten Lesegenuss, vorausgesetzt, dass der Leser sowohl genügend Selbstvertrauen als auch Vertrauen zu Uwe Johnson aufbringt, um sich auf diese nahezu unendliche Lesereise zu begeben. Völlig zu Recht gehören die "Jahrestage" zu der ZEIT-Bibliothek der 100 Bücher und stehen auf der Rangliste der wichtigsten deutschsprachigen Romane des 20. Jahrhunderts auf Rang 6. Nicht alle werden das so sehen und das ist auch gut so; einige werden die Lektüre nach wenigen Seiten aufgeben, andere jedoch werden die "Jahrestage" immer wieder lesen oder bei http://rostock-liest.de/ hören.
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