Meine Wertung
Ein Buch zeigt Alterserscheinungen,...
...sein Autor leider auch! Der Bericht von Robert D. Kaplan erstreckt sich ab dem Anfang der 1980er-Jahre über mehr als drei Jahrzehnte bis in das Jahr 2014. Als der Autor das von dem Ceaușescu-Regime paralysierte Rumänien 1981 besuchte, war er noch keine dreißig, ein junger Auslandskorrespondent aus Israel. Heute zählt er in den USA zu den "Top 100 Global Thinkers" (Foreign Policy) und gilt als angeblich einflussreicher politischer Analyst (New York Times). Tatsache ist jedoch, dass Kaplan seine Offenheit und Sensibilität der frühen Reporterjahre im Verlauf der Jahrzehnte eingebüßt hat. Zunächst interessierte er sich noch sehr für das Land und insbesondere für die Leute. Als arrivierter "Global Thinker" betreibt er fast nur noch Sandkasten-Strategiespiele zur Geopolitik in Osteuropa, wobei die Menschen zum Schluss völlig aus seinem Blickfeld verschwinden. Seine krude, anfangs antisowjetische, später antirussische Propaganda, nervt ebenso wie sein ständiges Herummäkeln an der zugegebenermaßen deprimierenden sozialistischen Zweckarchitektur. Fraglich ist jedoch, ob Kaplans architektonische Vorlieben für Gotik, Renaissance und Klassizismus die realen Wohnungsbauprobleme des 20. Jahrhunderts gelöst hätten, und zwar nicht nur im sozialistischen Lager. Weitere historische Ungenauigkeiten werfen zusätzliche Fragezeichen auf, z. B. die fehlende Unterscheidung zwischen dem nicht anerkannten Staate Transnistrien und dem Gouvernement Transnistrien währen des Zweiten Weltkrieges. Dennoch ist die Lektüre dieses Buches eines durchaus belesenen Journalisten lohnend, vorausgesetzt, dass es nicht die einzige Informationsquelle über Rumänien und die Region bleibt.
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