19 July 2018

Die Hauptsachen


Meine Wertung

Die Hauptsachen werden zu Nebensachen

Wer kennt das nicht, dieses unheimliche Gefühl von Fremdheit, häufig dann, wenn man sich selbst auf Fotos sieht, fast immer jedoch, wenn man eine Tonaufnahme der eigenen Stimme hört? Im besten Fall wirkt diese fremd, im schlechtesten unangenehm. Mit seiner Autobiografie versetzt Martin Amis vermutlich die meisten Leser in diese unheilvolle Stimmungslage, wären da nicht seine überragenden Formulierungskünste. Dennoch stellt man sich die Frage, warum man auf über 450 Seiten über einen - eingestandenermaßen - unsympathischen Protagonisten und - schon weit weniger reflektiert - über seinen noch unsympathischeren Vater lesen sollte. Wem es um Martin Amis geht, der ist mit seinen Romanen und Erzählungen weitaus besser bedient, wer mehr über Kingsley Amis erfahren möchte, wird reichhaltiges Material dazu finden, wer aber über eine Vater-Sohn-Beziehung in höchster literarischer Vollendung lesen möchte, dem sei „Mein Leben als Sohn“ von Philip Roth ans Herz gelegt. Die allzu bemühten Versuche des Verlages, „Die Hauptsachen“ von Martin Amis auf die gleiche Ebene hinaufzubefördern, gehen ins Leere. So werden „Die Hauptsachen“ eher zu Nebensachen und können ihre Wirkung allenfalls für detailbesessene Kenner der angelsächsischen Literaturszene entfalten.

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