Ein unrühmliches Ende
... nein, nicht das von Ferdinand Lassalle, der - nach einem Duell - an den Folgen eines Pistolenschusses in die Geschlechtsteile, im Alter von nur 39 Jahren starb. Vielmehr erfahren wir auf der buchstäblich letzten Seite seiner "Reden und Schriften" wie es um sein Demokratieverständnis steht:
"Nicht eine Spur ist in uns von jenem nörgelnden Geiste des Liberalismus, von jener Krankheit des individuellen Meinens und Besserwissenwollens, von welcher der Körper unserer Bourgeoisie durchfressen ist! ... Ja, gerade jene Reihe von Schriftstellern und Denkern, die ich Euch vorhin nannte, ist es, die zum Teil mit jenem leuchtenden Beispiele der Disziplin vorangegangen. Diese Disziplin beruht auf keinem anderen Grunde, als auf dem Geiste unseres Vereins, auf der hellen Erkenntnis, daß nur durch die Diktatur der Einsicht, nicht durch die Krankheit des individuellen Meinens und Nörgelns, die großen, gewaltigen Übergangsarbeiten der Gesellschaft zu bewerkstelligen sind."
Hat man einerseits mit Lassalle Nachsicht, denn er konnte 1864 nicht wissen, wohin seine "Diktatur der Einsicht" führen sollte, hält sich andererseits das Verständnis für den linientreuen DDR-Herausgeber Hans Jürgen Friederici in sehr engen Grenzen, wenn er 1986, 122 Jahre nach Lassalle, nicht weniger diktaturgläubig, kommentiert:
"Lassalle setzt hier die notwendige Disziplin in einer Arbeiterorganisation mit seiner keinesfalls unabdingbaren Präsidialdiktatur gleich."
Dennoch, Ferdinand Lassalle war ein begnadeter Rethoriker und sein Eintreten für das allgemeine, gleiche und direkte Wahlrecht und gegen die von König Wilhelm I von Preußen und Otto von Bismarck inszenierte Verfassungsfarce verdient Hochachtung.