20 August 2007

ER oder ICH

Meine Wertung


ER oder ICH, ICH oder ER, Bücher schreiben ist nicht schwer!

Es scheint so, daß dieses Buch von Sten Nadolny frei nach diesem Motto verfaßt ist. Der Titel macht bereits mißtrauisch, läßt eine Nabelschau befürchten. Strafverschärfend kommt hinzu, daß es sich um den "Nabel" von Ole Reuter handelt. Anfang der 80-er Jahre war er der Protagonist der "Netzkarte", dem sympathischen Erstlingswerk von Sten Nadolny. Zwanzig Jahre später ist Ole Reuter verbraucht, ein in die Jahre gekommener Unternehmensberater, dick, zynisch, stark suizidgefährdet. Leider scheitern aber seine Selbstmordversuche kläglich. Dem Leser bleibt nichts erspart, weder die Traumvisionen von Ole Reuter, noch seine Kalauer und erst recht nicht seine Hinwendung zu einer religösen Metaebene, die von modernen Engeln mit Internet- und E-Mail-Anschluß bevölkert wird. Natürlich kann Sten Nadolny schreiben, das hat er in seinem überragenden Roman "Die Entdeckung der Langsamkeit" eindrucksvoll bewiesen, aber die Midlifecrisis ist nicht sein Sujet; das sollte er doch eher den angelsächsischen Schriftstellern John Updike und Philip Roth überlassen. Gibt es eigentlich in den Verlagen keine einigermaßen ehrliche Lektoren, die einen selbst noch so erfolgreichen Autor davor bewahren, sein Talent so zu verschleudern?

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