15 January 2008

Die schöne Frau Seidenman

Meine Wertung


Schwere Kost für Atheisten!

Bei Wikipedia erfahren wir über den polnischen Autor Andrzej Szczypiorski und seinen vorliegenden Roman wie folgt:

"Andrzej Szczypiorskis bekanntestes Werk ist der 1986 erschienene Roman Początek (deutsch: Der Anfang), der in Deutschland unter dem Titel Die schöne Frau Seidenman veröffentlicht wurde. Hier schildert Szczypiorski verschiedene Schicksale – von Opfern und Tätern – in den Jahren 1941–43 in Warschau in kleinen, unabhängig voneinander stattfindenden Episoden."

"Das Warschau der Vorkriegszeit erscheint als die schöne – auch vom Judentum geprägte – Vergangenheit, die dann von der deutschen Besatzungsmacht zerstört wurde. Da Gott in dieser Zeit nicht eingegriffen habe, schloss er auf die grundsätzliche Abwesenheit Gottes in der Geschichte."


Das gilt auch und insbesondere für den vorliegenden Roman. Aber, so fragen wir uns, wäre es denn nicht viel naheliegender gewesen, aus der grundsätzlichen "Abwesenheit Gottes in der Geschichte" auf dessen schlichte Nichtexistenz zu schließen? Szczypiorski hätte damit dem - aufgeklärten - Leser und seinen - nicht minder aufgeklärten - Romanfiguren Vieles erspart. Statt dessen muss sich der Leser die ständigen Bezüge zu dem - wenn auch abwesenden - Gott gefallen lassen. Das lässt sich auch nicht damit erklären, dass Polen ein streng katholisches Land ist. Tatsache ist, dass die wiederholten Gottesbezüge das Sujet des Buches verwässern. Man stelle sich zum besseren Verständnis folgende Analogie vor: Ein übermächtiger Täter schlägt brutal auf ein wehrloses Opfer ein, während ein Zeuge des Geschehens nicht auszumachen ist. Der Berichterstatter aber, läßt sich auf wilde Spekulationen über die Verbindung aller Beteiligten zu einem angeblichen Zeugen ein, der - wir erinnern uns - nicht anwesend, nicht informiert, nicht aktiv, mithin nicht hilfreich ist. Ein Gericht, das zu einem späteren Zeitpunkt mit dem Verbrechen befasst wäre, würde einen derartigen Zeugen kaum zulassen, und dennoch, oder gerade deshalb, Täter und Opfer gleichermaßen gerecht werden. Zurück zu Andrzej Szczypiorski! Es ist nicht fair, einem Autor vorschreiben zu wollen, wie er ein Buch zu schreiben hat. Es ist jedoch legitim, die Leser, und insbesonde die "Ungläubigen" unter ihnen, vor dieser "schweren Kost" zu warnen.

2 comments:

Anonymous said...

Hallo Eddy,
ich kenne leider das betreffende Buch nicht, so daß ich (als Atheist) deine Aussagen nicht qualifiziert kommentieren kann, aber du hast mich neugierig gemacht und werde demnächst dieses Buch lesen..
:-)
Adrian

Edgar Hauster said...

Hallo lieber Adrian,

lass dich nicht entmutigen, "Die schöne Frau Seidenman" ist kein schlechtes Buch. Während ich es las, war ich jedoch mit dem realen Holcaust und der Situation im sozialistischen Nachkriegs-Rumänien beschäftigt. Natürlich lege ich dir www.radutz.blogspot.com besonders ans Herz. Wie du siehst, kommt keine Langeweile auf, denn die Aktualisierung von vier Blogs (Hauster, Czernowitz, Radautz und Wiesel-Kommission) hält mich - nicht nur virtuell - in Aktion (s. Post "Palästina - Erez Israel"). Abschließend, nach der Leseempfehlung, nun eine Besuchsandrohung: Das alles dient nur als Vorbereitung für einen ca. zweimonatigen Rumänien-Aufenthalt im Sommer.

Für heute viele liebe Grüße an dich und die Deinen!