(L'viv, 30.04.11 - 05.05.11) Das Wetter in und um L'viv ist nichts für Motorradfahrer: zu kalt, zu nass, zu unbequem. Also geht es von L'viv Hauptbahnhof mit der Ukrsalisnyzja УЗ, das ist die Ukrainische Eisenbahngesellschaft, ins 102 km entfernte Brody. Die Fahrt dorthin in der 2. Klasse kostet UAH 13,30 = EUR 1,28!
Wir sind privilegiert, unser Waggon hat seine eigene Stewardess; die in der Holzklasse natürlich nicht, schließlich haben sie auch weniger bezahlt als wir. Kaum auszudenken, wie die Stewardess hätte aussehen können, wenn ich etwa das Doppelte, d. h. EUR 2,50 bezahlt hätte!
Dafür gibt es im ganzen Zug Live Musik und die Fahrgäste können sich völlig frei entscheiden, ob und wieviel sie dafür zahlen möchten, dass die beherzten Musiker weiterspielen oder doch lieber aufhören.
Nach fast zwei Stunden in Brody angekommen, diesem völlig verschlafenen Nest östlich von L'viv, erinnert fast nichts mehr an Joseph Roth, den größten Sohn dieses Städtchens und Autor des weltberühmten Romans "Radetzkymarsch".
Erst im Heimatmuseum von Brody begegnen wir Joseph Roth und seinen Büchern, verstaubt zwischen ukrainischen Bauern und Nationalhelden, nicht viel, gemessen an der Bedeutung, die sein literarisches Werk weltweit erreicht hat.
Gibt es noch andere Spuren jüdischen Lebens in Brody, diesem Städtchen, das noch vor dem Zweiten Weltkrieg mehrheitlich von Juden bewohnt und in den Büchern von Joseph Roth so treffsicher beschrieben wurde?
Die große Synagoge mit einer baufälligen und einer katastrophalen Seite, der Friedhof außerhalb der Stadt, der an das Stelenfeld des Holocaust-Denkmals in Berlin erinnert und einige alte Menschen, die noch nicht vergessen haben, vor sehr, sehr langer Zeit lebende Juden in Brody gesehen zu haben.
No comments:
Post a Comment