Meine Wertung
"Brechtianer im engeren Sinn war ich nie..."
...schreibt Klaus Völker im Jahr 1998 und setzt seiner Biographie ein "Notwendiges Vorwort zum Nachdruck eines Buches, das ich vor 25 Jahren schrieb" voraus. Natürlich passte seine Biographie viel eher in die euphorischen Siebzigerjahre als in die ernüchternden Neunzigerjahre des vergangenen Jahrhunderts und erst recht in unsere heutige Zeit. Nach der von Willy Brandt und Egon Bahr betriebenen Ostpolitik und der Quasi-Anerkennung der DDR in den Siebzigern, war auch die zweifelhafte Rolle, die Bertolt Brecht im Zusammenhang mit den Ereignissen am 17. Juni 1953 gespielt hatte, vergessen und vergeben. Damals schrieb Bertolt Brecht an Walter Ulbricht: "Die Geschichte wird der revolutionären Ungeduld der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands ihren Respekt zollen." Hier irrte Brecht, denn die Geschichte würdigt keineswegs - selbst 60 Jahre danach - die "revolutionäre Ungeduld" der SED und ihre daraus resultierenden Verbrechen. Zu dieser einfachen Erkenntnis hätte Klaus Völker bereits in den Jahren 1976 und 1998 gelangen können, ja müssen, als "Brechtianer im engeren Sinn" oder nicht. Davon abgesehen, ist seine Brecht-Biographie einfühlsam, informativ und spannend. Zudem gelingt es ihm, Bertolt Brecht vor den zahlreichen selbsternannten Moralaposteln in Schutz zu nehmen, die sich über die vermeintliche sexuelle und intellektuelle Ausbeutung der Frauen rund um Brecht lustvoll echauffieren. Klaus Völker rückt die Perspektive zurecht, denn er beschreibt das, was letztendlich zählt, Leben und Werk von Bertolt Brecht: "Wer hat das Harte mit solcher Zärtlichkeit ausgesprochen! Wer konnte so hartnäckig und zärtlich sein zugleich! Wer hat Zärtliches gesagt mit solcher Härte!" (Johannes R. Becher).
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