Polit- und Agententhriller à la Uwe Johnson
"Zwei Ansichten" heißt der 1965 erschienene Roman, so spannend wie ein guter Polit- und Agententhriller, so sprachgewaltig, wie bei Uwe Johnson nicht anders zu erwarten, der den Mauerbau in Berlin im August 1961, als Ausdruck des Kalten Krieges, thematisiert. Wer erinnert sich nicht an das Bild der amerikanischen und sowjetischen Panzer, die sich im Oktober 1961 am Checkpoint Charlie drohend gegenüberstehen und hätte man geahnt, dass es Herr B. war, der dieses Foto geschossen hat?
Checkpoint Charlie Berlin, 28.10.1961 |
Aber was hat Herr B., der Pressefotograf aus "einer mittelgroßen Landstadt Holsteins", alles andere als ein Sympathieträger, in den "beiden Berlin" zu suchen? Schwankend zwischen Liebe und Pflichtgefühl, versucht er, zunächst planlos und ungeschickt, eine Republikflucht für die Krankenschwester D. von Ost nach West zu organisieren.
Originalton Uwe Johnson: "…die westdeutschen Politiker, die ihm Hilfe gegen die Einsperrung der D. versprochen hatten, dann wieder die ostdeutschen Politiker, die der D. Arbeitskraft für sich behalten wollten, oft auch die D., die ihn glauben ließ auf der westlichen Seite sei kein Beistand außer ihm…"
Stehen sich hier etwa - analog zu den amerikanischen und sowjetischen Panzern oder den westdeutschen und ostdeutschen Politikern - zwei politische Ansichten, die des B. und der D., gegenüber? Nein, es sind vielmehr die Ansichten auf das Leben der beiden Protagonisten, in ihren jeweiligen Welten, die Uwe Johnson mit seiner unnachahmlich dichten Sprache dem Leser vermittelt.
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