(Czernowitz, 12.10.2013 - 17.10.2013) On 14.09.2013 I've reported on the International Conference in Czernowitz: Literature - Culture - Civil Society, which just started and will take place until 20.10.2013. Dr. Markus Winkler and his highly professional team, i. e. Serhij Lukanjuk, Mykola Kuschnir, Dr. Oxana Matiychuk and Kati Brunner, have convened A-list European scientists for this event. What a shame, that I'm going to miss Markus Winkler's lecture on the Toynbee Hall in Czernowitz - Motorcyclists are always on the move! - but not without visiting the location before.
This report closes the circle between the Toynbee Halls in Czernowitz and Vienna, as per my posting ½ Czernowitzer & ½ Czernowitzer in Vienna, three weeks and three thousand kilometers earlier. I'm looking very much forward to reading Dr. Markus Winkler's script for his lectrure and I will update this posting accordingly.
"Safah Ivriah" School then (1932) and now (2013) |
Press Review by Courtesy of Dr. Markus Winkler
Der Jüdische Volksrat (28.11.1913)
Czernowitzer Allgemeine Zeitung (18.11.1913)
Besuch des Landespräsidenten in der jüdischen Toynbeehalle.
Am
Montag, den 17. November l. J. machte der Landespräsident Graf Meran in
Begleitung des Präsidialsekretärs Minkusch Edlen v. Schönfried den dem
Kuratorium der Toynbeehalle zuvor angekündigten Besuch zum Zwecke der
Besichtigung des neuerbauten Hauses der jüdischen Toynbeehalle und der
ihr angegliederten Institutionen. Der Landespräsident wurde von den
Stiftern Markus und Anna Kislinger, dem gesamten Kuratorium und vom
Vizeobmann der jüdischen Toynbeehalle, dem Oberrabbiner Dr. Rosenfeld,
begrüßt. Unter Führung der Stifter besichtigte der Herr Landespräsident
den im elektrischen Lichte strahlenden Festsaal samt
Nebenräumlichkeiten, die für die Bewirtung der Toynbeehallegäste
zweckmäßig eingerichtete Küche, die Sitzungszimmer des Kuratoriums und
des Damenkomitees, das im zweiten Stockwerke untergebrachte
Lehrlingsheim bestehend aus 2 Schlafsälen, einem Lehrzimmer und einem
Waschraume, den Raum für die maschinellen Vorrichtungen zur
Veranstaltung von Lichtbildern, die gleichfalls in der Toynbeehalle
untergebrachte Vorschußkasse für Kleinhandel und Kleingewerbe
(Ika-Bank), den hebräischen Kindergarten und die hebräische Sprachschule
Safa Ibria und die sonstigen für die Zwecke der Toynbeehalle dienenden
Nebenräumlichkeiten. Der Herr Landespräsident informierte sich eingehend
über alle Institutionen und zeigte sich auch über den Schöpfer der
Institution, Arnold Toynbee wohl unterrichtet. Alle Institutionen fanden
seine vollste Anerkennung, insbesondere der große Festsaal, der
hebräische Kindergarten und das Lehrlingsheim. Der Landespräsident
sprach sehr anerkennende Worte über die wohltätigen Schöpfungen des
Ehepaares Kislinger, dankte dem Kuratorium für die freundliche Führung
und bekundete ein werktätiges Wohlwollen für die wohltätigen
Institutionen, speziell für das Lehrlingsheim.
Die Eröffnungsfeier der Toynbeehalle.
Das
von der Bevölkerung unserer Stadt mit Spannung erwartete Ereignis, die
feierliche Eröffnung des von den Eheleuten Markus und Anna Kislinger für
die jüdische Toynbeehalle erbauten Hauses fand am 15. d. M. statt. Die
große Feier nahm, wie nicht anders zu erwarten war, einen überaus
glänzenden Verlauf.
Das Kuratorium unter der Obmannschaft des
Herrn Prof. Dr. Leon Kellner hatte das Vergnügen, außer den
Vereinsmitgliedern auch die Spitzen der Behörden und Aemter namentlich
nachstehende Herren als Gäste zu begrüßen: Landesgerichtspräsidenten
Pieta, in Vertretung der Landesregierung die Herren Regierungsrat Rossin
und Bezirkshauptmann Dr. Jech, in Vertretung der Stadtgemeinde
Czernowitz Vizebürgermeister Hofrat Barleon, Hofrat Cuzman, in
Vertretung Sr. Exzellenz des Feldmarschalleutnants Schmidt von
Georgenegg Major Striberny, in Vertretung des Kommandos des k. u. k.
Infanterieregiments Nr. 41 k. u. k. Major Hellering, Oberpostdirektor
Kostruch, Polizeidirektor Regierungsrat von Tarangul, Zentralinspektor
Gabriel, Landesschulinspektor Simionowicz, Regierungsrat Kolbenheyer,
Regierungsrat Direktor Kozak, Regierungsrat Bujor, Schulrat Romanowski,
Baurat Würfel, in Vertretung der Betriebsleitung Inspektor Feldmann und
Sekretär Dr. Baltinester, den Vizepräsidenten der Bukowinaer Handels-
und Gewerbekammer Baurat Gregor, Präsidenten der Ingenieurkammer
Inspektor Georg Stricker, den Leiter der Filiale Czernowitz der
österr.-ung. Bank Hermann Hinghoffer, Direktor der Hypothekenbank kais.
Rat Burstyn, Direktor der Landesbank Brück, vom Ausschusse der
Advokatenkammer die Herren Advokaten Dr. Selzer, Dr. Schmierer und
Doktor Weich, Präsidenten der Frucht- und Produktenbörse kais. Rat
Eduard Rossin, Garteninspektor Dr. Karl Bauer, Direktor des Czernowitzer
Elektrizitätswerkes Krisko, Vertreter der akad. Korporationen „Emunah“,
„Hasmonäa“, „Jüd. Kultur“ und „Zephirah“, Vertreter der Redaktion des
Lemberger Tagblattes, der „Czernowitzer Allgemeine Zeitung“, des
„Czernowitzer Tagblattes“ der „Bukowinaer Post“ und des „Jüd.
Volksrates“, zahlreiche Advokaten, Aerzte, Vertreter sonstiger
akademischer Berufe, zahlreiche Staats- und Landesbeamten, Kaufleute und
Handwerker.
Glückwünsche und Begrüßungsschreiben sind
eingelaufen: von Sr. Exzellenz dem Herrn Erzbischof Wladimir von Repta,
dem Hofrate Görtz v. Astein, dem Herrn Finanzdirektor Hofrat Mayer, dem
Hofrat Prof. Dr. Friedrich Kleinwächter, vom Präsidenten Dr. Alfred
Stern und Kultussekretär Dr. Lieben namens der Wiener israel.
Kultusgemeinde, von der Vorstehung der Kultusgemeinde Linz, vom
Vorstande der Kultusgemeinde Lemberg, der Kultusgemeinde Krakau, vom
Vorsteher der Kultusgemeinde Radautz, von den Toynbeehallen Lemberg,
Krakau und Stryj, vom Kuratorium der Baron Hirsch-Stiftung in Wien, vom
zionistischen Zentralkomitee in Lemberg, vom Präsidenten der Bukowiner
Handels- und Gewerbekammer Wilhelm Tittinger, vom Direktor der
Anglo-Oesterreichischen Bank, Doktor Michael Dawid, von der akad.
Verbindung „Makkabäa“ in Lemberg, vom Ersten Czernowitzer
Volksküchenverein, vom Ehepaare Baurat Gottlieb Winkler in Salzburg, vom
Stadtarzt Benkendorf in Sereth, vom Großindustriellen Emanuel Tauber,
vom Herrn Direktor Dubsky in Slobudka, Herrn Sebastian Haber, Frankfurt
a. M., den Steinwerken H. Kulka & Co. in Troppau u. v. a.
Die
Eröffnungsfeier war für 5 Uhr nachmittags angesetzt, aber schon um 4
Uhr staute sich eine nach vielen Hunderten zählende Menge, die stürmisch
Einlaß verlangte. Es bedurfte der ganzen mit Takt gepaarten Energie des
Herrn Polizeikonzipisten Dr. Werner, der Hilfe der Ordner und
Polizeimannschaft, um die Ordnung vor dem Hause aufrecht zu erhalten und
den Einlaß der geladenen Gäste zu regeln. Trotz alldem war es nicht zu
verhindern, daß viele Vertreter von Behörden, Aemtern und sonstige
geladene Gäste, sich durch die das Haus belagernde Menschenmenge nicht
durchdrängen konnten.
Die Feier nahm ihren programmäßigen
Verlauf. Sie wurde durch den von jüdischen Gesangvereine unter der
Chorleitung des Herrn Prof. Krämer mit gewohnter Virtuosität zum
Vortrage gebrachten Psalm 150, von Lewandowski eingeleitet, worauf Herr
Oberrabbiner Dr. Rosenfeld die Einweihung des Hauses vornahm.
Oberrabbiner Doktor Rosenfeld hielt hiebei folgende Ansprache:
Das
Haus, das wir heute einweihen, und das den Namen Jüdische Toynbeehalle
führt, soll ein jüdisches Volkslehrhaus sein, das gibt ihm Bedeutung.
„Stellet viele Schüler aus“, lehrt der jüdische Weise. Erhaltet das Volk
nicht in Unwissenheit, sondern belehret es, wecket Sinn und Begeisterung
für alles Große und Schöne im Herzen des Volkes, das ist jüdische
Tradition, die Tradition des Lehrhauses. Das Lehrhaus besteht solange,
wie das Judentum und das Judentum wird solange bestehen, als es jüdische
Lehrhäuser geben wird. In den Lehrhäusern wurde vieles gelehrt, aber
ganz besonders Menschenbrüderlichkeit und Vaterlandsliebe. So war es
möglich, daß der Jude verfolgt und verhöhnt, dennoch ein
warmempfindender Mensch blieb und in allen Ländern und zu allen Zeiten
zu den treuesten und zuverlässigsten Bürgern gehörte. Es ist auch kein
Zufall, daß dieses Haus den Namen eines Nichtjuden führt. Denn das
Judentum hat schon in den ältesten Zeiten die Namen der Wohltäter der
Menschheit anderer [CAZ, 18.11.1913: "Nationen und"] Bekenntnisse mit gleicher Hochachtung genannt, wie
die der Größten seines Volkes. Die Vorurteilslosigkeit soll trotz der
Pflege der Eigenart in diesem Hause und durch dieses Haus gelehrt
werden. In solchem Sinne lassen wir heute zur Einweihung dieses den Ruf
des Propheten ertönen: Auf, lasset uns wandeln im Lichte des Ewigen, der
der Vater aller Menschen ist, der uns Liebe gegen alle Menschen
gebietet. Und so weihen wir denn dieses Haus im Namen des Allmächtigen,
indem wir geloben, daß in diesem Hause Begeisterung für alles Gute und
Edle im Herzen des Volkes geweckt werde. Wir weihen es, indem wir den
Segen Gottes auf das Menschenpaar herabflehen, das dieses Haus gestiftet
und wir weihen es vollends, indem wir unsere Hände und unsere Herzen
flehentlich erheben und emporrichten zum Allgütigen: Allgütiger, erhalte
und beschütze deinen Gesalbten, der uns Bekenner des Judentums zu
treuen Bürgern dieses Staates gemacht, gib, o Herr, langes glückliches
Leben, Friede und Freude unserem erhabenen geliebten Kaiser Seiner
Majestät Franz Josef I. Amen! Amen!
Die überaus geistvolle Rede
machte auf die Versammlung einen tiefen Eindruck und als Herr
Oberrabbiner am Schlusse seiner Ausführungen das Gebet für den Kaiser
sprach erhob sich die ganze Versammlung.
Die Festrede hielt mit
gewohnter Meisterschaft Herr Universitätsprofessor Dr. Leon Kellner, der
vorerst die Versammlung begrüßte und die hervorragende und
uneigennützige Mitwirkung der Herren Baumeister Papst, Finanzsekretär
Lazar Weinreb, Magistrats-Oberrevident Sigmund Wall und Architekt
Schreiber, ferner der Baumeister und Bauunternehmer Elling, Brandes und
Kahlenberg rühmend hervorhob, sowie des Beistandes des Herrn Kremenetzky
in Wien und der Firma H. Kulka in Troppau gedachte. Redner besprach
ferner das Wesen und die Bedeutung der Toynbeehalle, indem er einen
breiten Raum seiner Ausführungen dem Schöpfer der Toynbeehalle, Arnold
Toynbee, den er ein produzierendes Genie nannte, widmete und den
Siegeszug dieser Institution auf dem Kontinente schilderte. In
schwungvollen Worten feierte der Redner die Erbauer des Hauses und als
der Redner mit den Worten schloß, daß der höchste Lohn des Kuratoriums
der Stiftung der sein wird, der ihm in den Herzen der Bevölkerung
unserer Stadt erblüht, deren Heil und Wohl diese Institution geweiht
ist, erscholl begeisterter Beifall.
Nach dem Vortrage des vom
Jüd. Gesangsvereine exekutierten Psalmes 55 von Nowakowsky, erschien das
Seniorat der akademischen Verbindung „Hebronia“, um den ersten
Toynbeehallenabend zu eröffnen und wurde mit begeisterten Akklamationen
und „Hoch Hebronia“-Rufen von den versammelten Festgästen begrüßt.
Hierauf
ergriff der derzeitige Senior der Verbindung, Herr cand. iur. Hermann
Friedmann das Wort und schilderte in einer schwungvollen, von
Begeisterung getragenen Rede den Werdegang der Jüd. Toynbeehalle in
Czernowitz, die im Herbste 1910 von der akad. Verbindung „Hebronia“
begründet, nach Ueberwindung mannigfacher Schwierigkeiten und
Hindernisse heute die Schwelle des eben eingeweihten Hauses
überschritten habe, um in demselben ein dauerndes und würdiges Heim zu
finden. Der Redner dankte dem Ehrenburschen der „Hebronia“, Herrn
Universitätsprofessor Dr. Leon Kellner für seine werktätige
Unterstützung, gedachte des Damenkomitees, das in opferwilliger Weise
der Verbindung zur Seite stand und als er schließlich den Förderern der
Verbindung, Herrn Markus und Anna Kislinger, die durch die Stiftung
dieses Hauses ein Werk geschaffen, das nur Wenige seinesgleichen hat,
den Dank der Verbindung und der jüdischen Oeffentlichkeit aussprach,
wurde denselben von der Versammlung die lebhaftesten Ovationen
dargebracht, für die Herr Kislinger sich persönlich bedankte. Redner
würdigte die Bedeutung des Hauses, das der Brennpunkt des jüdischen
Lebens, ein Bollwerk nationaler Kultur werden soll, in dem schon jetzt
viele humanitäre Institutionen Aufnahme gefunden und das ein wahrhaft
Jüdisches Haus sei. Die Begeisterung des Redners teilte sich seinen
Zuhörern mit, er riß sie mit sich fort von der Gegenwart in das Reich
der Hoffnungen, die Ziele und Ideale des jüdischen Volkes, die ihm
winken aus dem fernen Osten im Strahle der goldigen Zionssonne, dem
Reiche seiner Sehnsucht und Träume. „Wie unsere Brüder“, fuhr Redner
fort, „in den Kolonien, so wollen auch wir hier für den großen Tag der
Erlösung als ein einig Volk von Brüdern vorbereiten, auf daß der Tag der
Freiheit uns als ein Volk findet, stark an Geist, an Kraft und Mut. Das
sei die Brücke, die die Gegenwart verbinde mit der fernen Zukunft und
sie verknüpfe mit den Idealen des zionistischen Gedankens.“ Redner
schloß seine an vielen Stellen von stürmischem Beifall unterbrochene
Rede mit den Worten: „So wollen wir in diesem neuen Hause, in unserem
wahren jüdischen Hause den Weg, der uns zu unseren Zielen führt, solange
weiter schreiten, bis unsere Hoffnung, die uns unser großer Herzl
schenkte, Wahrheit wird und des Dichters Worte keine Illusionen sind:
„Dann schließt der Leiden langer Lauf,
Dann lacht uns Juden Freiheit auf,
Und strahlet in ein Eden nieder,
Und Zedern rauschen in alter Pracht,
Und Sonne läuchtet nach langer Nacht,
Und Dawids Harfe klinget wieder!“
Hierauf
erteilte der Senior der „Hebronia“ Herrn Professor Dr. Hermann
Sternberg das Wort zu seinem Lichtbildervortrag: „Ueber das Leben
unseres Kaisers“. In gemeinverständlicher fesselnder Form schilderte der
Redner an der Hand zahlreicher, durch Herrn k. k. Finanzsekretär
Weinreb, der als Mitglied des Kuratoriums sich um die Ausstattung des
Hauses besonders verdient gemacht hat, vorgeführter, äußerst gelungener
Lichtbilder, das an Ereignissen und Taten reiche Leben unseres geliebten
Monarchen, unter dessen glorreicher Regierung unsere schöne Monarchie
auf allen Gebieten des wirtschaftlichen und sozialen Lebens den Höhepunkt
der Kultur und Entwicklung erreicht hat. Der Vortrag fand lebhaften
Beifall und hat dadurch der Vaterlandsliebe aller Teilnehmer beredten
Ausdruck verliehen. Nach dem Vortrage wurde allenthalben von einem
reizenden Mädchenkranze den Besuchern Tee und Gebäck verteilt, was sich
alle wohl munden ließen.
Um halb 9 Uhr abends schloß die
offizielle Feier. Wir schließen wohl am passendsten diesen Bericht mit
dem telegraphischen Glückwunsche des ehemaligen Mitgliedes des
Kuratoriums, Baurat Gottlieb Winkler aus Salzburg:
„Den Stiftern zur Ehre,
Den Schwachen zur Lehre,
Den Armen zum Schutz,
Der Tücke zum Trutz,
Der Toynbeehalle Glück und Heil,
Gottessegen werde ihr zuteil!“
1 comment:
Fantastic, Edgar! You are doing an amazing service to us all! Very much appreciated always.
Merle
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