Meine Wertung
Leo Trotzki, der revolutionäre Spielverderber
Hinter Friedrich Kargan, der Hauptfigur in Joseph Roths posthum veröffentlichtem Romanfragment "Der stumme Prophet", steckt Leo Trotzki, der 1879 als Lew Dawidowitsch Bronstein in Janowka im Russischen Kaiserreich auf die Welt kam. Trotzki, der Revolutionär und u. a. ehemalige Volkskommissar für das Kriegswesen, war der Hauptwidersacher von Josef Stalin, der ihn 1927 entmachtete und 1928 nach Alma-Ata in Kasachstan verbannte. In dieser Zeit muss Joseph Roth an seinem biografischen Roman gearbeitet haben. Das Schicksal wollte es, dass Trotzki aus der Verbannung 1929 ins Exil in die Türkei getrieben wurde, wo er, um seinen Lebensunterhalt zu finanzieren, seine Autobiografie verfasste. Der Erfolg der Autobiografie ermunterte Trotzki mit der „Geschichte der Russischen Revolution“ fortzufahren, allerdings entmutigte er anscheinend Joseph Roth, seinen Roman zu Ende zu schreiben. Das unvollendete Werk fordert dem Leser einiges an Kombinationsvermögen ab, auch fehlt es zuweilen an der nötigen Stringenz, aber es entschädigt dafür durch grandiose, nicht selten ironische und bissige Szenen, die nur Joseph Roth so schreiben konnte. Wer weiß, ob Trotzkis "Mein Leben" nicht letztendlich durch Roths "Der stumme Prophet" in den Schatten gestellt worden wäre, hätte Joseph Roth sein Werk nur vollendet? Eine Spekulation, denn Joseph Roth starb 1939 in Paris; ein Jahr später wurde Leo Trotzki in Mexiko von einem sowjetischen Agenten ermordet.
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