Meine Wertung
Das mit Abstand Beste an diesem Roman ist sein Titel, ...
... selbst wenn dieser praktisch nichts mit seinem Inhalt zu tun hat. Es geht in "Lenins Hirn" um das Leben und Wirken des Hirnforschers Oskar Vogt. Manche wohlwollende Rezensenten behaupten, dass der in einundzwanzig Sprachen übersetzte Roman gut recherchiert sei. Voller Rücksichtnahme regen sie an, dass Tilman Spengler besser ein Sachbuch zum Thema geschrieben hätte. Denn eigentlich muss man sich fragen, warum der Autor dieses Buch überhaupt vorgelegt hat, da es ihm nicht einmal ansatzweise gelingt, seine Romanfiguren plastisch und nachvollziehbar in Szene zu setzen. Hat der Leser anfänglich vielleicht noch einen Reiz verspürt, sich mit Oskar Vogt und seiner Zeit näher zu beschäftigen, lässt das rapide nach und erreicht nach mehr als dreihundert Seiten den Nullpunkt. Man gewinnt den Eindruck, dass es Tilman Spengler genauso erging, denn die Sprache beherrscht er zweifellos; was ihm jedoch völlig fehlt, ist die Empathie für seine Romanfiguren. Ganz amüsant beginnt der Roman mit der Ende des 19. Jahrhunderts aufkommenden Neigung des Großbürgertums à la Krupp, sein Heil bei Modeärzten zu suchen. Das alles endet aber in einem geschwätzigen und deshalb völlig misslungenen Versuch eines Sittengemäldes. Der Leser freut sich, dass er am Ende angelangt ist und das Buch aus der Hand legen kann. Der Erkenntnisgewinn ist minimal, der Lesegenuss mäßig.
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