13 November 2006

Die Geheimrede Chruschtschows - Über den Personenkult und seine Folgen

Meine Wertung


Die öffentliche Geheimrede!

Chruschtschows "Geheimrede" war so geheim nicht, wurde sie doch 1956 nicht nur auf dem XX. Parteitag der KPdSU, sondern auch anschließend auf allen Partei- und Komsomolversammlungen verlesen. Sie rechnet zwar mit dem Personenkult um Stalin gründlich ab, enthält aber kein Wort über dessen Entstehung. Erst in dem "Beschluß des Zentralkomitees der KPdSU über die Überwindung des Personenkults und seiner Folgen" vom 30. Juni 1956 findet man einen ersten Ansatz zu einer Analyse der fast 35-jährigen Regierungszeit von Josef Stalin.


Josef Stalin war lt. Wikipedia "von 1927 bis 1953 de facto Diktator der Sowjetunion. Während seiner Regierungszeit wurden vermeintliche und tatsächliche politische Gegner sowie Millionen von Sowjetbürgern und ganze Volksgruppen besetzter Gebiete in Gulag-Strafarbeitslager deportiert und zu großen Teilen ermordet."

Angesichts der Dauer der stalinistischen Diktatur, der Opferzahlen und der völligen Mißachtung elementarer Menschenrechte, geschweige denn demokratischer Prinzipien, ist es grotesk, wenn das Zentralkomitee in seinem Beschluß ausführt:

"Die Folgen des Personenkults waren bekanntlich einige schwerwiegende Fehler in der Leitung verschiedener Tätigkeitsgebiete der Partei und des Sowjetstaates sowohl im inneren Leben des Sowjetlandes als auch in seiner Außenpolitik. Man kann unter anderem auf ernste Fehler hinweisen, die Stalin bei der Leitung der Landwirtschaft, bei der Vorbereitung des Landes auf die Abwehr der faschistischen Eindringlinge begangen hat, auf die grobe Willkür, die zu dem Konflikt in den Beziehungen zu Jugoslawien in der Nachkriegszeit geführt hat. Diese Fehler schadeten der Entwicklung im Leben des Sowjetstaates auf einzelnen Gebieten, hemmten, besonders in den letzten Lebensjahren J. W. Stalins, die Entwicklung der Sowjetgesellschaft, führten sie aber selbstverständlich nicht von dem richtigen Weg der Entwicklung zum Kommunismus ab.

Unsere Feinde behaupten, der Personenkult um Stalin sei angeblich nicht durch bestimmte historische Bedingungen, die bereits der Vergangenheit angehören, sondern durch das Sowjetsystem selbst, durch seinen, von ihrem Standpunkt undemokratischen Charakter und so weiter hervorgerufen worden. Derartige verleumderische Behauptungen werden durch die ganze Geschichte der Entwicklung des Sowjetstaates widerlegt. Die Sowjets als neue demokratische Form der Staatsmacht sind infolge des revolutionären Triumphes der breitesten Volksmassen entstanden, die sich zum Kampf für die Freiheit erhoben hatten. Sie waren und bleiben Organe einer wirklichen Volksherrschaft."

Diese "neue demokratische Form" hat sich, wie wir heute wissen, nicht durchgesetzt. Die Rede und der Beschluß haben weit mehr als nur "Schönheitsfehler" und dennoch sind sie - gerade unter den Bedingungen des Kalten Krieges - in ihrer historischen Bedeutung nicht zu unterschätzen.

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