02 July 2009

Die Kehrseite des Ruhmes - Das Massaker von Fântâna Albă

(Belaja Krinica, 02.07.09) Ich habe darüber in meinem Post vom 21.06.09 über die Altgläubigen-Hierarchie von Belaja Krinica berichtet. Auf dem Weg dorthin begegneten wir mehreren, offensichtlich gut gepflegten Heldendenkmälern, die an die ruhmreiche Rolle der Roten Armee während des Zweiten Weltkrieges erinnern.



Weit weniger ruhmreich sind aber die Ereignisse, die sich hier im Frühjahr 1941 abgespielt haben. Am 1. April 1941 sollen sowjetische NKWD-Truppen Hunderte unbewaffnete Zivilisten, in ihrer Mehrzahl Rumänen, bei dem Versuch getötet haben, die sowjetische Grenze in Richtung Rumänien zu überqueren.

Diese Grenze war zehn Monate zuvor, im Juni 1940, entstanden. Damals besetzte die Sowjetunion, auf der Grundlage des Ribbentrop-Molotow-Paktes, Bessarabien und die Nordbukowina und schnitt damit viele Familien im Grenzgebiet voneinander ab. Die Opfer des Massakers von Fântâna Albă sollen in einem Massengrab bestattet sein, das sich - wenn auch eingezäunt - interessanterweise auf dem Gelände des jüdischen Friedhofes von Czernowitz befindet. Die Inschrift auf dem Gedenkstein ist diffus und es ist kaum vorstellbar, dass die Opfer des Massakers hier, etwa 40 Kilometer vom Schauplatz des Geschehens entfernt, bestattet sein sollen.



Also geht es noch einmal zurück nach Belaja Krinica, denn dort soll in einem Waldstück ein Kreuz stehen, das an die tragischen Ereignisse des 1. April 1941 erinnert. Hier treffen wir auf die Ordensschwester Taisia und den 79-jährigen Zeitzeugen Andronic, die uns mit ihrer Gastfreundschaft und Hilfsbereitschaft überwältigen.



Über kaum befahrbare Wege gelangen wir zu einem Kreuz auf einer sommerlichen Wiese. Das ist zwar nicht das Kreuz, das wir gesucht haben, hat aber dennoch mit dem Massaker von Fântâna Albă zu tun. Zwei junge Frauen und ein kleines Mädchen sollen aus der Menschenmenge zunächst entkommen, aber hier von den Soldaten eingeholt worden sein. Angeblich wurden die Frauen erschossen, während das Mädchen überlebt hat und heute als ältere Frau in einem Nachbardorf leben soll.



Das Kreuz im Wald haben wir (noch) nicht gefunden, statt dessen aber ein wertvolles Buch als Geschenk von einem jungen Grenzsoldaten erhalten. Er bewacht die gleiche Grenze, die vor nunmehr 69 Jahren gezogen wurde und den Menschen von Fântâna Albă zum Verhängnis geworden ist.



Das in Ukrainisch verfasste Buch stammt von einem Journalisten aus der Region und kann möglicherweise einige der zahlreichen Fragen beantworten, die sich im Zusammenhang mit dem Massaker von Fântâna Albă stellen. Weder ist der genaue Ablauf der Ereignisse dokumentiert, noch steht die Zahl und ethnische Zugehörigkeit der Opfer fest, aber, und in erster Linie, fehlt ein eindeutiges und nachvollziehbares Motiv für diese Greueltat. Gute Gründe, um bei der nächsten Reise in die Bukowina der Sache erneut nachzugehen!

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